Paul on Tour – Klettern und Bouldern in Skandinavien – Teil 1

Ein Bericht über eine zweieinhalb monatige Reise in den Weiten der norwegischen und schwedischen Natur.

Von Paul Steinig

 

Nachdem ich am 14. Juni endlich den Erhalt meines Abiturzeugnisses im Rahmen des Abiballs mit meiner Familie feiern durfte, blieben noch ganze 4 Tage Zeit für die finalen Vorbereitungen, bevor wir- meine Freundin Pia Zuber und ich – schließlich am 18. Juni Richtung Norden losrollten.

Auf dem Weg nach „oben“ waren mehrere schöne Strände, wie der von St. Peter-Ording, Rømø oder Hvide-Sande vorgesehen. Von Dänemark aus fuhren wir über die beeindruckende Öresundbrücke, die uns einen spektakulären Einblick in die Wunderwerke der menschlichen Technologien ermöglichte.

Allerdings muss man anmerken, dass man für dieses Spektakel auch kräftig löhnen darf. So kostet eine Überfahrt auf den „Deluxe-Brücken“ für einen PKW insgesamt 90 Euro.

In Malmö erwartete uns die „gedrehte Zigarre“ als Wahrzeichen der schwedischen Küstenstadt. Hier hatten wir jedoch keinen weiteren Zwischenstopp vorgesehen und so ging es gleich weiter nach Norden in die Nähe der Metropole Göteborg. In Surtesjön, zwei km nördlich der wuselnden Zivilisation, trafen wir auf einen grandiosen Stellplatz, wie man ihn sich von Skandinavien vorstellt. Ein wunderschöner See, umrahmt von Wald und Felsplateaus und mittendrin unsere kleine aber gemütliche, fahrende Wohnung für die kommenden 15 Monate.

Nach einem obligatorischen Göteborg Besuch, hierbei empfehlen sich vor allem die Bäcker der Altstadt Haga, ging unsere Reise weiter in die beindruckenden Hochebenen des Nationalparks Rondane. Neben unglaublich vielen Grüntönen sind hier riesige Flächen des weiß gefärbten „Märchenmoses“ zu bewundern.

Dem Nationalpark folgte ein kurzer Abstecher zum Trondheimer Flughafen, wo wir unseren Freund Moritz Lange einluden, um schlussendlich nach gut einer Woche, an unserem eigentlichen ersten größeren Ziel dem „Flatanger-Cave“ anzukommen.

Zwei Wochen Klettern in einer der überdimensioniertesten Caves der Welt erwartete uns. So konnte uns unsere Freude auch nicht von dem einheimischen Farmer verdorben werden, der das gesamte Land um die Höhle privatisiert hatte und somit alle auf seinen Campingplatz lotsen konnte.

Im Laufe der gesamten zwei Wochen begrüßte uns das Wetter recht skandinavisch in Norwegen. Fast ausschließlich jeder Tag beinhaltete einen Regenguss. Beim Klettern im Flatanger beeinflussen einen die Wetterumschwünge zum Glück recht wenig, allerdings verwandelte die anhaltende Nässe den 30 minütigen Zustieg zur Wand in ein Waten auf den Schlammberg…

Am letzten Tag im Flatanger selbst, durften wir dafür aus intensivster Sonne, die das Meer zwischen den Inseln der schärenartigen Küstenlandschaft glitzern lies, neue Energie schöpfen und genossen einen wunderschönen Sommertag am Rande der Höhle, in welche auch etwas warmes Sonnenlicht kam.

Abschließend zur Flatanger Gegend lässt sich sagen, dass Kletterer hier eine wunderschöne Natur, direkt an einer geologisch beeindruckend geformten Küste mit den blauen Weiten des Meeres erwartet. An Ruhetagen ist ein Besuch der traumhaften Stadt Trondheim, die ähnlich wie Hamburg, mit bunten Fachwerkhäuschen auf Stegen direkt über dem Wasser aufwartet, inklusive eines Burger Essens sehr zu empfehlen.

Weiterhin kann man als kulinarisch interessierter Mensch in den Nordischen Landen gut seinen Fisch, wie z.B. Kabeljau, selber aus dem Wasser ziehen und sogar Muscheln bei Ebbe sammeln.

Zum Kletterspot Flatanger möchte ich zunächst erst einmal sagen, dass ich selten an einem faszinierenderen Ort zu Gange war. Die Größe und Gewaltigkeit dieser Naturerscheinung sind schon verdammt atemberaubend. Auch Klettertechnisch hat die Höhle etwas zu bieten, allerdings wird man hier nur seinen Spaß finden, wenn man die Grade 7a bis 8a solide beherrscht. Ab 8a ist es kurzzeitig ebenfalls dünn gesät mit Routen und wird tatsächlich erst ab dem unteren 11ten UIAA Grad wieder interessant für die Anwerber. Somit können wir sagen, dass es toll war, dass Flatanger einmal in „echt“ erlebt zu haben. Rückblickend in Norwegen allerdings noch tausendmal bessere Kletterspots verbergen…

Trotz des harten nordischen Bewertungssystems ging es für Pia mit Touren bis 7b und für mich mit Routen bis 7c Onsight und 8a+ Rotpunkt zurück zum Trondheimer Flughafen, wo wir unseren Freund Moritz wieder verabschieden mussten.

In der Nähe des Flughafens erwartet Maximalkraftbetonte Kletterer ein Konglomeratkletter-Paradies, das nicht annähernd so höllisch ist wie sein Name „Hell“.

Blickt man nur auf das Klettern an sich, gefiel es uns in der Hölle recht gut und das spiegelte sich trotz einer sehr harten alten Schule bezüglich des Gradsystems – von wegen „Urlaubsgrading“ – in unseren Erfolgen wieder. Pia nutze eine knappe Woche in der leicht überhängenden, regensicheren Wand um mehrere Touren bis 7b+ zu punkten. Ich eröffnete meine Erfolgsserie mit einer zweiten Wiederholung der Route „Satan Export 8b+“ nach über 20 Jahren! Teilen muss ich die Anzahl der Begehungen der Route bisher nur mit dem Spitzenkletterer Adam Ondra. Weiterhin wurden wir Teil eines Interviews und einer nachfolgenden Fotosession der lokalen Presse, in deren Rahmen ich eine weiter 8a klettern konnte.

Einziger negativer Punkt am Klettergebiet Hell ist leider seine Nähe zum Flughafen, die durchaus etwas Lärm mit sich bringen kann…

Nach unserer Zeit in Hell ging es zusammen mit ein paar Freunden aus Nürnberg weiter hinauf in den hohen Norden. Unser nächstes Ziel: die Lofoten.

Schon die Fähre von Skutvik nach Slovaer, die einem von Süden kommenden Fahrer ca. vier Stunden Autofahrt erspart, ist eine wahre Sehenswürdigkeit. Bereits vom norwegischen Festland aus, ist die gesamte Inselgruppe der Lofoten bei gutem Wetter sichtbar. Kaum von Skutvik abgelegt, werden aber auch auf der Festlandsseite großartige schneebedeckte Berge sichtbar.

Bei der Ankunft in Slovaer, auf der größten Hauptinsel der Lofoten Austvågøya, begrüßen einen mit dichtem Urwaldgrün bewachsene Berge und eines der Wahrzeichen der Lofoten: ein Fels mit zweigeteilter Kuppe, auf dem von Bergführern ein geführter Sprung von der einen auf die andere Kuppe den Touristen angeboten wird.

Die Lofoten sind auf jeden Fall mindestens eine Rundfahrt über alle der vier Hauptinseln wert. Schon Austvågøya als größte und touristischste Insel ist von beeindruckender Schönheit und besticht durch das farbige Zusammenspiel von weißen Stränden und dem glasklaren blauen Nordpolarmeer, dass karibischen Flair anmutet und zum Schwimmen einlädt, allerdings selten über 12 Grad Celsius hinaus kommt…

Weiterhin finden sich aber auch zahllose Felsen und höhere Berge direkt hinter der von Stränden geprägten Küste, die als Betätigungsfelder für Alpinisten, Tradkletterer und Boulderer dienen.

Fährt man auf die anderen Inseln weiter ins Meer hinaus, wird der Charakter der Natur noch deutlich wilder, dass Wasser kälter und die wunderschöne Landschaft noch unerschlossener, ja sogar in manchen Teilen kaum zugänglich.

Die Lofoten sind ursprüngliche Fischerinseln, auf denen man allerdings selbst noch im Jahr 2017 das Selbstversorgerprinzip nachvollziehen kann. So landeten bei uns zahlreiche, selbstgefangene Kabeljau, Makrelen und Seelachse auf den Tellern. Auch Blaubeer-, Preiselbeer- und die begehrte Marmelade der örtlichen Wunderbeere, der Moltebeere, lässt sich auf den Lofoten gut selber machen.

Für Kletterer, die unberührte und noch sehr wilde Gegenden in unbeschreiblicher Natur mögen, sind die Lofoten wahrscheinlich in Ihrer Unerschlossenheit ein absolutes Paradies. Ein bestechendes Erstbegehungspotential und toller rauer Granit, der gutes Fingerpeeling garantiert 😉 sind also weitere Gründe, welche die Lofoten so besuchenswert machen. Bei einer Reise auf eine der schönsten Inselgruppen der Welt sollten aber Drahtbürste und Akkuschrauber im Gepäck eines Erstbegehers nicht fehlen.

Die Zeit war für uns einer der vielen Höhepunkte auf unserer Reise, zumal uns rundum fast drei Wochen lang die Sonne auf den Inseln begleitete. Zum Glück verschaffte uns der wirklich sehr raue Fels mehrere unfreiwillige Pausen, fernab der grandiosen Linien, die wir allerdings nicht bereuten. Neben absolut faulen Tagen am Strand und spannenden Angelabenden, wurde unsere Zeit so durch einige faszinierende Wanderungen auf ein paar der Lofotengipfel bereichert. Vor allem die Ausblicke von den Gipfeln über etwas größere Teile der schönen Natur, als sie sonst von der Straße aus zu sehen sind, waren eine echte Belohnung.

Aus klettertechnischer Hinsicht waren wir im Hohen Norden ebenfalls von Erfolg gekrönt. Pia konnte tolle Linien wie den Ultraklassiker „King Fisher 7a FB“ klettern. Für mich rentierten sich die Hangboardsessions ebenfalls in den Begehungen von drei 8a Bouldern, darunter der Klassiker „Monster 8a FB“. Weiterhin durfte ich erleben, was für ein tolles Gefühl es ist, nach einem dynamischen Abschlusssprung und einen Mantle danach mit „Sunshine 8a+FB“, seinen ersten 8a+ Boulder auf der Liste stehen zu haben. 🙂

 

Wie die Reise weitergeht erfahrt ihr bald im Teil 2.

 

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