Eine Nacht auf der Hütte
Die Angst vor dem Hüttenkoller ist groß. Man stelle sich vor: Zwanzig Leute wie in der Sardinenbüchse in ein Lager gepfercht. Zwei schnarchen, die anderen muffeln und die Wolldecke kratzt. Es pfeift der Wind durch die Ritze und in aller Herrgottsfrüh rumpeln die Ersten schon Richtung Gipfel zur Tür hinaus. Erholung geht anders. Wie ihr trotzdem eine unvergessliche und erholsame Zeit auf der Hütte haben könnt, verrät das vierte und letzte Kapitel der Reihe "Mein erster Hüttenbesuch".
Guidelines für Neulinge
Der DAV gibt in Kapitel 4 der Hütten-Guidelines einige Tipps, wie ihr den Worst Case – nämlich eine schlaflose Nacht in den Bergen – vermeiden könnt. Wer die Ratschläge beherzigt, kämpft statt mit Augenringen nur noch mit dem Aufstieg:
Zufrieden und satt
Die Erfahrung zeigt: wer gut gegessen hat, schläft tiefer. Trotz ihrer Lage bieten die Alpenvereinshütten ihren Gästen am Abend ein Menü, das mit den Angeboten im Tal locker mithalten kann. Wenn dazu das Alpenglühen einsetzt und man sein verdientes Bier dazu bekommt, kann der Tal-Gasthof nur noch schwer mithalten. In der Regel gibt es eine Halbpension mit mehreren Gängen (Achtung: Bestellung à la carte ist abends oft nicht mehr möglich). Kulinarische Schmankerl gibt es besonders auf „So schmecken die Berge“-Hütten. Hier wird mit regionalen und nachhaltig produzierten Produkten aus der unmittelbaren Umgebung gekocht.
Alpenruhe
Mal ganz was neues: ein Abend ohne Netflix und Fernseher! In der warmen Stube wird’s trotzdem nicht langweilig. Die Hüttenbibliothek bietet alpine Lektüre und an geselligen Spielen mangelt es meist auch nicht. Genügend Gleichgesinnte zum Ratschen findet man an jedem Tisch, denn zum Berg haben alle was zu sagen. Tipps zur morgigen Tour, Erfahrungen des Aufstiegs und der neueste Tratsch aus der Sektion. Man versteht sich unter Bergfexen! Doch spätestens um 22 Uhr ist Schluss. Die Hüttenruhe gilt ausnahmslos für alle Gäste und sollte dringend eingehalten werden.
Der Schlafplatz
Je nach Beschaffenheit und Alter der Hütte können die Schlafgelegenheiten sehr unterschiedlich ausfallen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Lagern und Mehrbettzimmern. Letztere sind in der Regel etwas teurer, bieten aber meistens Stockbetten mit etwas mehr Privatsphäre – ideal für Familien. In beiden Fällen sind die Betten jedoch nicht bezogen, da auf den Hütten keine Möglichkeit besteht, die Wäsche regelmäßig zu waschen. Deshalb ist jeder Gast angehalten, seinen eigenen Hüttenschlafsack mitzubringen, oder diesen beim Hüttenwirt zu kaufen. Das Gleiche gilt für Ohrstöpsel gegen lästige Schnarcher*innen.
Die Einstellung
Wie so oft im Leben ist die Erwartungshaltung entscheidend für das Erlebnis. Klar ist: eine Übernachtung auf dem Berg ist kein Wellnessurlaub. Keine Federbetten, meistens keine Duschen und fremde Leute auf dem Zimmer. Die Alpenvereinshütte bietet eben Erholung und Abenteuer in einer besonderen Form. Unser Tipp: Lass dich ein auf die ungewohnten Umstände. Seit Beginn des Alpinismus sind die kargen Bedingungen auf den Schutzhütten Teil der Erfahrung. Manche kommen genau deshalb immer wieder in die Berge, um in der Nostalgie der alten Tage zu schwelgen und wegen des Verzichts auf WLAN, Duschen und Himmelbett.