© Jens Krumpe

Auf die Wildspitze in den Ötztaler Alpen

Das bergsteigerische Verlangen führte uns unter der Leitung von Tourguide Jens Krumpe auf die Breslauer Hütte im Ötztal, um Tirols höchstem Berg, der Wildspitze (3768m), auf den Zahn zu fühlen.
Der Start stand zunächst unter keinem guten Stern, es regnete zur vereinbarten Treffzeit wie aus Eimern. Zweifelnde Gesichter unter dem ersten Teil der Anreisetruppe. „In 10 Minuten kommt ein regenfreies Fenster!“ – und ab in den Sessellift, um die ersten 400 Hm kraftunterstützt hinter uns zu bringen. Während der anschließenden 500Hm zu Fuß zur Hütte verabschiedete sich der Regen und der Himmel verwöhnte uns von da an mit feinstem Bergsteigerwetter.

Im Sonnenschein erreichten wir die Hütte, verstauten die nassen Sachen im Klima-belüfteten Trockenraum und genossen die Gastronomie. Und staunten nicht schlecht, als der zweite Teil unserer Seilschaft den mit mehr als 3h angeschlagenen Weg von der Nachbarhütte (in der sie die vorherige Nacht verbracht hatten) in nur knapp 1h zurückzulegen. Wie auch immer sie das bewerkstelligten - unter diesen Voraussetzungen konnte nichts mehr schief gehen!

 

Die Zeit bis zum Abendessen verbrachten wir bei Sonnenschein mit Seil- und Rettungsübungen. Ein Berggipfel dieser Kategorie ist nur über Gletscher zugänglich, und auch wenn diese einen recht kläglichen Eindruck machten, gehört der sichere Umgang mit alpinen Gefahren, insbesondere die Bergung aus Gletscherspalten, zum Einmaleins aller Gipfelstürmer. Ein Gletscher in Hüttennähe bot sich als Übungsgelände an, jeder nutzte die Gelegenheit, unter kontrollierten Bedingungen in einer Gletscherspalte zu hängen und aus dieser hinausgezogen zu werden. 
Der Samstagmorgen kitzelte uns mit warmen Sonnenstrahlen wach, noch vorm Hähnekrähen stiefelten wir los Richtung Gipfel. Die ersten Kilometer des Zustiegs erwiesen sich als leicht begehbares Blockgelände. Spannend wurde es am Mitterkarjoch, der Schlüsselstelle der Besteigung. In den Gesprächen des Vorabends auf mehrere hundert Meter steinschlägige Wand angewachsen, entpuppte sich diese Stelle als leicht zu bewältigender Klettersteig, der nur auf den unteren Metern mit erhöhter Vorsicht zu begehen war, um keine Kieselsteine nach unten zu schicken.
Trotz großer Seilschaft gelang es uns, alles fein liegen zu lassen. 

 

Oben angekommen, breitete sich der scheinbar unendliche Taschachferner vor uns aus. Die bereits festgelegten Seilschaften gingen in Richtung Gipfel, der nun bereits greifbar nah schien. Nach einigen Minuten Gletscherwanderung, mit „überhüpfen“ einiger tiefer Spalten, standen wir vorm Endanstieg.  Je näher wir kamen, umso deutlicher wurde die Ameisenstraße vorausgegangener Bergsteiger, die sich die Gipfelpyramide hoch- und wieder herunter bewegte.  Wir reihten uns ein, standen bald darauf am Gipfelkreuz und klatschten uns überglücklich ab. Sogar eine kleine Flasche Gipfelschnaps wurde geteilt und machte diesen Moment zu einem unvergesslichen Erlebnis.

 

Weil sich einige Gewitterwolken bedrohlich näherten, traten wir den Rückweg an.
Die Schlüsselstelle wurde ein weiteres Mal perfekt gemeistert, und nach knapp 7 Stunden kamen wir alle beseelt, gesund und trocken zur Hütte zurück. 
Abschließend gilt zu sagen, dass die Wildspitze ein recht einfach zu besteigender Klotz ist, der von Gletscher-Sicherheit abgesehen keine besonderen Ansprüche an alpines Können fordert. Auch ist die Breslauer Hütte hervorzuheben, mit einem luxuriösen Trockenraum, komfortablen Lagerplätzen (mit hölzernen Abtrennungen zwischen den einzelnen Matratzen, so noch nie gesehen!), warmen Duschen für 0,50€, und viel Platz und Sauberkeit im Allgemeinen.
Vielen Dank an unser Team, für diesen angenehmen Trip!

Bericht: Jörg Hartmann   Fotos Jens Krumpe